Die Berliner Immobilienpreise steigen buchstäblich von BerlinBoxx zu BerlinBoxx. Allein vom 3. bis zum 4. Quartal 2016 waren es 4,1% in nur einem Quartal. Musste man für eine Wohnung Ende 2015 noch fast 11 Jahreseinkommen investieren, sind nur ein Jahr später schon mehr als 12 nötig. Solche Steigerungsraten lassen eine präsente oder drohende Immobilienblase vermuten. Lesen Sie, warum es dennoch keine ist.
- Die extreme Nachfrage durch den nicht abreißenden Zuzug sorgt dafür, dass jeder (s)eine Eigentumswohnung kauft, der kann. Das Zinsniveau hilft und lässt höhere Preise besser aushalten. Die ca. 50.000 Neu-Berliner pro Jahr treten sich auf dem Markt förmlich auf die Füße. Da der Senat kaum mit dem Bau neuer Wohnungen hinterherkommt, wird sich das auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Der Zuzug geht weiter, die Knappheit wird größer, die Preise steigen weiter. Die Mieten sind zwar gebremst, die Kaufpreise hingegen keinesfalls.
- Das Geld der Kapitalanleger, die aus derzeit nicht mehr attraktiven Geldanlagen ausgestiegen sind, ist massiv in den unterbewerteten Berliner Markt geströmt und hat ebenfalls die Preise mit angezogen - wenn auch nicht über das Niveau von München, Frankfurt oder Köln hinaus.
- Mehr wohlhabende Nachfrage: Wenn mehr Menschen nach Berlin kommen, sind dabei eben auch mehr Haushalte mit hohen Einkommen, die Preise zahlen, die Berliner nicht aufbringen oder finanzieren wollen oder können. Das ändert zwar die Demografie vor allem der Innenstadt, hat aber mit einer Blase nichts zu tun.
- Die niedrigen Zinsen sind auch kein Argument für eine Blase, denn: Wenn die Zinsen eines fernen Tages wieder steigen, mögen sich zwar einige Anleger aus Immobilien verabschieden, das aber ändert am ungebremsten Zuzug und der auf noch längere Sicht nicht stillbaren Nachfrage nichts.
- Die politischen Entscheidungen blockieren eher die Beschleunigung von Neubauten als sie zu befördern. Zu viel Reglementierungen und Bedenkenträger, auf der anderen Seite zu wenig Personal in den Bauämtern, die in angemessener Frist belastbare Entscheidungen treffen könnten.
Kein Wunder, wenn man achselzuckend vor den neuen „Soundso“-Arkaden (neben dem „Soundso-Center“ und dem „Boulevard Soundso“) steht: Gewerbeimmobilien sind eben unproblematischer als Wohnimmobilien – und man verdient verlässlich Geld damit. Hinzu tritt auch in Berlin ein weiterer Co-Faktor: Es ist damit zu rechnen, dass zu dem normalen Zuzug auch Sondereffekte durch Geflüchtete zu erwarten sind, die noch mehr bezahlbaren Wohnraum nötig und den vorhandenen damit noch knapper machen. Die Preise in Berlin werden weiter steigen. Die Mieten gleichfalls, wenn auch gebremst. Wohnraum wird weiterhin knapper, egal, was die Zinsen machen, besonders im „bezahlbaren“ Bereich. In drei oder fünf Jahren werden die Preise wieder deutlich höher sein – weil es in Berlin nämlich keine Immobilienblase gibt.

Mirko Otto
Mirko Otto ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und nach ISO/IEC 17024 zertifizierter Immobiliensachverständiger. Als Gründer der Sachverständigensozietät "Otto und Kollegen" ist der Vater von drei Kindern selbst Immobilieninvestor und seit 1997 mit der Bewertung von Immobilien jeder Art bestens vertraut.